Tanz der Gefühle und Gedanken
Der 26 Kilometer lange Trail Noble-Contrée bei Crans-Montana im Wallis markierte unseren Auftakt in die Trailsaison. Am Freitag reisten wir bei strahlendem Sonnenschein ins malerische Wallis, genauer gesagt in das kleine Dorf Bluche nahe Crans-Montana, wo wir für zwei Nächte eine Unterkunft gebucht hatten.
Die Wetterprognose für den Renntag, Samstag, sagte bewölktes, aber trockenes Wetter voraus.
Nach einem tiefen und erholsamen Schlaf erwachte ich mit Vorfreude – gepaart mit einer leichten Nervosität. Voller Schwung öffnete ich die Vorhänge, um das Tageslicht hereinzulassen. Doch stattdessen empfing mich leichter Regen – damit hatte ich in diesem Moment nicht gerechnet. Wir ließen uns davon jedoch nicht die Laune verderben, denn ein bisschen Regen kann beim Laufen sogar angenehm sein.
Nach dem Frühstück folgten die gewohnten Rennvorbereitungen: Flasks füllen, Gels einpacken, Regenjacke und Rettungsdecke verstauen und die Füße mit Compeed-Pflastern schützen.
Der Moment der Startnummer 1
Eine Stunde vor Rennbeginn erreichten wir das nahegelegene Dörfchen Venthône, wo sich das Startgelände befand – dort herrschte bereits reges Treiben.
Mit Vorfreude stellte ich mich an der Startnummernausgabe an, denn aus irgendeinem Grund durfte ich mit der Startnummer 1 antreten. Wahrscheinlich das erste und einzige Mal in meinem Leben 😊 – also beschloss ich, diesen besonderen Moment voll auszukosten.
Der Startschuss fiel – und mit ihm setzte heftiger Regen ein. Bereits kurz nach dem Start wartete die erste Steigung auf uns. Wir befanden uns im hinteren Drittel des Feldes, ein eigentlich gut machbares Tempo. Doch meine Beine fühlten sich schwer an, mein Atem war ungewohnt erschwert.
Ich blieb ruhig – bald folgte eine wunderschöne Flow-Passage durch die Rebberge. Kilometer um Kilometer verstrichen, doch wirklich wohl fühlte ich mich noch nicht. Ich vertraute darauf, dass ich erst meinen Rhythmus finden musste.
Der Kampf mit den Gedanken
Bei Kilometer 10 begann die längste und härteste Steigung des Rennens – vier Kilometer mit einer durchschnittlichen Steigung von 13,8 %. Meine Beine fühlten sich an wie Betonpfeiler, und dunkle Gedanken schlichen sich ein.
Komme ich heute überhaupt ins Ziel?
Innerlich ärgerte ich mich über meinen Körper, versuchte jedoch immer wieder, meine negativen Gedanken zu stoppen. Schritt für Schritt arbeitete ich mich voran, rammte meine Stöcke in den Boden und zwang meine bleischweren Füße weiter.
Dann war die Steigung geschafft. Tiefes Durchatmen.
Vor mir lag ein traumhafter Singletrail, und hier begann mein Körper sich zu erholen. Ich fühlte mich leichter, meine Schritte wurden federnder. Mit jedem Meter verflüchtigten sich die schwarzen Gedanken – Zuversicht kehrte zurück.
Ein weiteres Gel brachte mir einen spürbaren Energieschub, und die kommenden Steigungen meisterte ich mit Leichtigkeit.

Der Schlusssprint
Plötzlich vergingen die Kilometer im Nu. Nach einem letzten Downhill warteten die finalen 150 Höhenmeter bis ins Ziel – sie hatten es in sich. Doch ich spürte noch Kraftreserven in mir.
Neben mir sprach Lovis in Dauerschleife sein Mantra: „Locker, flockig, energized.“
Ich musste lachen – genau diese Worte gab mir den letzten Push. Ich powerte den Hügel hoch und überholte gleich drei Frauen, die letzte davon noch kurz vor dem Ziel.
Schließlich überquerte ich die Ziellinie als 10. Frau Overall und 4. in meiner Alterskategorie.
Danke, Lovis, für die drei Power-Worte am Schluss 😊.
Ein besserer Einstieg in die Trail-Saison wäre kaum möglich gewesen – mal abgesehen vom Wetter 😊, denn eigentlich gilt das Wallis als Sonnenterrasse der Schweiz. Der Event war familiär, perfekt organisiert und die Strecke abwechslungsreich und traumhaft schön.
Danke, Noble-Contrée!
Erkenntnisse aus dem Rennen
✅ Nie voreilig aufgeben – der Körper kann sich erholen.
✅ Negative Gedanken bewusst lenken – weniger bewerten, mehr akzeptieren und Fokus auf das Positive.
✅ Gute und regelmässige Verpflegung – so bleibt bis zum Schluss genügend Energie übrig.